Bei der Gestaltung von Online-Lernformaten trifft man häufig auf die Erwartung, dass sich eine Lerngruppe, die sich ansonsten in Präsenz für einen Tag an einem bestimmten Ort getroffen hätte, nun eben für einen Tag oder mindestens ein paar Stunden in einem Video-Konferenz-Raum trifft … Damit wäre das Lernangebot dann abgeschlossen.
Doch diese direkte Übertragung von Präsenz auf Online ist weder angenehm für alle Beteiligten, noch sehr wirkungsvoll. Denn erstens muckt bei irgendwem die Technik immer (gerade, wenn man auch Workshops in der Provinz gibt). Und zweitens ist angesichts der aktuellen Doppelbelastung für viele durch Home-Office (wenn man mit Kindern wohnt oft auch mit Home-Schooling) und dann auch noch Home-Fortbildung Flexibilität und ‘Lernen im eigenen Tempo’ noch viel wichtiger als sonst. Ganz davon abgesehewn, dass aktives und selbstbestimmtes Lernen ohnehin deutlich wirkungsvoller ist, wenn alle zur gleichen Zeit genau das gleiche lernen. Im Präsenzworkshop kann man hier auch synchron sehr einfach individualisiert gestalten - in einem Video-Meeting ist das schwieriger.
Die wichtigste ‘Regel’ bei der Gestaltung eines Online-Angebots anstelle eines Präsenz-Workshops lautet deshalb: Zeitlich strecken! Gut finde ich für einen eintägigen Präsenz-Workshop ein ca. 4tägiges Online-Format, in dem die Teilnehmenden zum größten Teil selbstbestimmt und flexibel lernen können. Vielfach strecke ich auch auf eine Woche, was den Vorteil hat, dass es dann einen wiederkehrenden Webinar-Termin gibt - und manche Teilnehmende z.B. auch nur am Wochenende Zeit zum Lernen haben (oder auch da gerade gar nicht - beide Optionen sind dann möglich).
Wer gezielt einen Tag Zeit eingeplant hat, kann das Konzept ebenfalls nutzen - auch dann aber in einer intelligenten Kombination aus synchronen und asynchronen Lernphasen.
Als grundlegendes Muster schlage ich folgenden Aufbau vor:
Je nach zur Verfügung stehender Zeit, dem Thema und den Lerninhalten kann dieses Raster natürlich beliebig variiert werden. Bei längeren Online-Lernformaten biete ich z.B. oft auch ein Online-Meeting in der Mitte an. Gute Erfahrungen habe ich auch damit gemacht, das Online-Meeting erst im späteren Verlauf stattfinden zu lassen und direkt mit einem Selbstlernangebot (im Sinne eines 'Flipped' Lernen) zu beginnen.
Wie in dem Muster-Aufbau gezeigt wird, liegt der Fokus des Lernangebots auf asynchronen Lernphasen. Das bedeutet, dass Teilnehmende nicht gleichzeitig an etwas Lernen, sondern sich ihr Lernen selbst einteilen können. Das hat zahlreiche Vorteile:
Herausfordernd an dieser Flexibilität ist:
Im schulischen Kontext besteht hier die große Gefahr, dass Online-Lernen nur für gute Lerner/innen klappt, die von Zuhause zugleich Unterstützung erhalten. Im Kontext der Erwachsenenbildung kann dieses Problem des Auseinanderdriftens von Kompetenzen ebenfalls auftreten. Man sollte sich dessen immer bewusst sein. Für bildungsferne Erwachsene benötigt das hier vorgestellte Konzept deshalb auch sicherlich einiges an Anpassung.
Doch auch für motivierte und kompetente Lernende ist Online-Lernen oft ungewohnt. Auch vor diesem Hintergrund sind synchrone Lernphasen wichtig. Hier lernt man die anderen Teilnehmenden direkter kennen und bekommt einen Eindruck von der lehrenden Person. Auf dieser Grundlage ist das Beitragen in der kollaborativen Lernumgebung dann oft einfacher und auch das Fragen nach Support. Damit das auch tatsächlich klappt, ist es entscheidend, die Online-Meetings genau für diese Zielstellung zu konzipieren, d.h. nicht Input geben, sondern Orientierung bieten und Kennenlernen ermöglichen.
Übrigens: Auch individueller Support wird am besten synchron angeboten, weil dann direkt gefragt und Antworten gegeben werden können.
Mit dem bisher Geschriebenen ergeben sich die folgenden Elemente für ein Online-Lernformat:
👉 Jetzt bist Du dran: Überlege Dir zu welchem Thema/ welchem Anlass Du ein Online-Lernangebot gestalten willst. Reflektiere, welche Struktur/ welcher zeitliche Rahmen Dein Online-Lernangebot haben kann.
Über die Ausgestaltung dieser Elemente, lernst Du in den angeboteten Lerneinheiten. Hilfreich als Grundlage ist zuvor Wissen über Urheberrecht und freie Lizenzen, was Du im nächsten Schritt erwerben kannst.